FAQ – Ergotherapie (ET)
Anworten auf die meistgestellten Fragen:
Für welches Alter ist ET geeignet?
Ergotherapie ist für jede Altersgruppe geeignet, je nach Art der Einschränkungen (neurologische, psychische, geriatrische oder orthopädische). Auf dem Gebiet der Kinderheilkunde (Pädiatrie) ist das Zielalter ca. 2 bis 13 Jahre.
Wann wird ET angewendet?
Mögliche Anwendungsgebiete können sein:
- Entwicklungsverzögerung der Grob- / Feinmotorik, Koordination und Kognition. (Bei gravierenden Auffälligkeiten der Sprache haben Logopäden die entsprechende Expertise)
- Einschränkungen der auditiven, visuellen, sensomotorischen Reizverarbeitung
- Aufmerksamkeits-/Konzentrationsschwächen, auch AD(H)S
- Verhaltensauffälligkeiten, auch Ängste, soziale Unsicherheiten, mangelnde Impulskontrolle
Außerdem finden schon lange VOR Schulbeginn bei jedem Kind Entwicklungsschritte statt, die die Basiskompetenzen für den Erwerb der Kulturtechniken (Lesen, Schreiben, Rechnen) darstellen. Diese Grundlagen werden daher als Vorläuferfähigkeiten bezeichnet. In der VORSCHULDIAGNOSTIK überprüfe ich diese. Wir wollen Kinder mit leichten Auffälligkeiten unterstützen… Das Kind soll nicht erst in den Brunnen fallen…
Was genau sind Vorläuferfähigkeiten der Schriftsprache?
- Phonologische Bewusstheit im weiteren Sinne (Reime, Rhythmus, Silben, Prosodie) und im engeren Sinne (Laute hören, Vokalersetzung, Minimalpaare, Operationen auf Wortebene)
- Benenngeschwindigkeit (Geschwindigkeit des Zugriffs auf das mentale Lexikon)
- sprachliches (phonologisches) Arbeitsgedächtnis
- ausreichend großer Wortschatz, Sprachverständnis und Situationsverständnis
- grammatische Kenntnisse und Kompetenzen der Sprache
Was kann ich tun, wenn mein Kind Schwierigkeiten hat?
Halten Sie zuerst Rücksprache mit der KiTa bzw. der Schule, ob, wie genau und in welchem Umfang die Schwierigkeiten auch dort auftreten und welche Unterstützungsmöglichkeiten angeboten werden können. Fragen Sie Ihren Kinder- oder Hausarzt, wie er das Problem aus ärztlicher Sicht einschätzt.
Weshalb haben wir die Empfehlung zu einer ET bekommen?
Die kindliche Entwicklung ist in vier große Bereiche unterteilt, die alle miteinander verknüpft sind, aufeinander aufbauen und durch ihr reibungslosen Zusammenspiel Lernen und Entwicklung überhaupt erst ermöglichen. Gibt es auf einem oder mehreren Bereichen der Sensomotorik, Sprache, Kognition oder Psyche Auffälligkeiten oder Schwächen, kann eine ergotherapeutische Entwicklungsförderung angebracht sein. Nicht erst dann, wenn es eine gesicherte Diagnose gibt, sondern auch und gerade, wenn es sich um Vorschuldiagnostik handelt und nicht gewartet werden möchte, bis die Einschränkungen ein noch größeres Ausmaß angenommen haben:
Vielleicht ist Ihr Kind…
… fein- / grobmotorisch ungeschickt oder verweigert sich beim Malen, Basteln, Klettern etc.?
… weniger ausdauernd in seiner Konzentration, kann die Aufmerksamkeit selten lenken und scheint „überall und nirgends“ zu sein?
… in seiner Interaktions- und Kommunikationsfähigkeit eingeschränkt, eckt oft an, zieht sich zurück oder wird schnell wütend, als würde es Situationen oft missverstehen oder als würden ihm die Worte fehlen?
Wie und womit wird eine Diagnostik in der ET gemacht?
Um den Entwicklungsstandes Ihres Kindes einschätzen zu können, stehen mir neben der Anamnese als Ersttermin und den freien Beobachtungen u.a. folgende Testverfahren zur Verfügung, deren Anwendung sich nach dem Bedarf Ihres Kindes richtet:
- WNV: Begabungsprofil (nonverbal)
- bp-Test / d2-R / TEA-Ch und TEA-Ch-K: Konzentration und Aufmerksamkeitssteuerung
- BUEGA: Basisdiagnostik umschriebener Entwicklungsstörungen im Grundschulalter
- BUEVA: Basisdiagnostik umschriebener Entwicklungsstörungen im Vorschulalter
- FEW, DTVP-2, TVPS-III, DTVP-A: Entwicklungstest der visuellen Verarbeitungsleistung
- Mottier-Test, AUDIVA: auditive Verarbeitungsleistungen
- HDT – Handdominanztest, Händigkeits- und Leistungstest
- MOT 4-6 – Motoriktest für Kinder von 4-6 Jahren
- Zudem verwende ich eine Reihe von Eltern- und Lehrerfragebögen (Fremdeinschätzungsbögen) wie WN-FBG, SDQ, Gothard, AUDIVA-Fragebogen, Screenings u.v.m.
Gegen Ende der ersten Verordnung findet ein Bilanzgespräch statt, um die Befunde zu besprechen, das weitere Vorgehen zu planen und die konkreten Ziele festzulegen. Wie das Anamnesegespräch auch findet das Auswertungsgespräch ohne das Kind statt. Ein telefonischer Austausch mit KiTa / Schule findet wahlweise vor oder nach diesem Bilanzgespräch statt.
Was sind wichtige Voraussetzungen für das Gelingen einer ET?
Die drei wichtigsten Voraussetzungen sind:
- Einsicht in die Behandlungsnotwendigkeit – wer nicht weiß, woran gearbeitet wird, kann die Behandlung nicht aktiv mitgestalten. Getreu dem Motto: „Wasch‘ mich aber mach mich nicht nass!“ rücken Veränderungen in weite ferne.
- Regelmäßige und geduldige Teilnahme – nur durch Kontinuität und Geduld können sich Fortschritte und Veränderungen einstellen. Denn: „Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“
- Bereitschaft der Kita / Schule und der Eltern zur Zusammenarbeit, auch häusliches Üben nach Anleitung.
Was können wir als Eltern unterstützend zu einer ET tun?
Viel! Alle therapeutischen Interventionen sind auf Ihr Engagement und Ihre Weiterführung angewiesen, Ihr Kind braucht Ihre Mithilfe! Die Alltagsintegration der Stundeninhalte ist ein wichtiger Bestandteil der Behandlung, da eine wöchentliche Förderung von 45 Minuten keine Wunder vollbringen kann. ET repariert nichts! Bei Ihrer Unterstützung soll der Alltag des Kindes nicht therapeutisch werden, sondern durch kurze Wiederholungen und Angebote für Lernmöglichkeiten sorgen. Ihre Mitarbeit ist – neben der vom Kindergarten oder der Schule – ein großer Bestandteil der Behandlung. Sie werden regelmäßig über die wichtigsten Therapieprozesse aufgeklärt und angeleitet, um diese passend im Alltag umzusetzen. Durch diese Zusammenarbeit erhöhten sich die Erfolgschancen für Ihr Kind entscheidend.
Wie lange dauert eine ET im Durchschnitt?
Wie bei allen medizinischen und therapeutischen Interventionen richtet sich die Behandlungsdauer nach Art, Umfang und Schwere der Einschränkung, dem angestrebten Ziel und nach den Umsetzungsmöglichkeiten des Umfeldes (Stichwort Medizin, die nicht helfen kann, wenn sie nicht genommen wird). ET ist eine prozessorientierte Hilfe zur Selbsthilfe und Förderung der Entwicklung, die immer eine Eigenleistung des Kindes ist. Sie kann für Monate bis Jahre iin Anspruch genommen werden.
Die sog. Regelleistungszeit richten sich nach der Indikation der Behandlungsform, die auf Grundlage der Einschränkungen / Diagnosen angezeigt ist: Sensomotorisch-perzeptive Behandlungen umfassen 45-60 Minuten, psychisch-funktionelle Einheiten umfassen 60-75 Minuten. Eine Regelleistungszeit setzt sich aus der Präsenzzeit von 45 Minuten und einer Vor- und Nachbereitungszeit von 15 Minuten zusammen.
Brauchen wir immer ein Rezept vom Arzt?
Nein, nicht unbedingt. ET ist ein Heilmittel wie Logopädie oder Physiotherapie, das vom Fach-, Haus- oder Kinderarzt verschrieben werden kann, ebenso von einem Arzt für Kinder- und Jugendmedizin / Kinder- und Jugenpsychiatrie, Kinderneurologen u.ä. und auch Heilpraktikern. Da meine Praxis eine reine Privatpraxis ist, kann ich leider keine Kassenrezepte (Verordnung Nr. 18) annehmen. Familien mit einer Privatverordnung für ihr Kind erhalten einen Honorarvertrag, der bereits als Kostenvoranschlag bei der PKV eingereicht werden kann. Zudem besteht bei mir als Heilpraktikerin die Möglichkeit, das Heilmittel Ergotherapie ohne ärztliche Verordnung in Anspruch zu nehmen – hierzu erkundigen Sie sich am besten bei Ihrer jeweiligen Privatversicherung.
Können wir etwas tun, wenn wir kein Rezept bekommen?
Wichtig: Bevor Sie einen Arzt bzgl. Ergotherapie konsultieren, bietet es sich an, eine kurze Stellungnahme der Kita oder Schule zu erbitten. Überlegen Sie Situationen und Sorgen, von denen Sie konkret und knapp formuliert berichten. Falls der Arzt (noch) keine Verordnung ausstellen möchte, können Sie ihn nach einem 5er Rezept zu Diagnostikzwecken fragen. Auf der Grundlage eines fundierten ergotherapeutischen Behandlungsberichtes kann der Arzt möglicherweise einen bestehenden Bedarf besser eingeschätzen.
Was kostet eine ET, wenn wir privat versichert sind?
Meine Behandlungskosten entsprechen in Anlehnung an die ärztliche Verfahrensweise der Faktorierung dem 1,5-fachen Satz der Vergütungsvereinbarung zum Vertrag nach § 125 Absatz 1 SGB V für Ergotherapie (GebüTh Stand 1.1.2022), obwohl durch Urteile der bisherigen Rechtssprechung gestützt die preisliche Untergrenze auf den 1,8fachen VDEK-Satz und die Obergrenze auf den 2,3fachen VDEK-Satz festgelegt wurden.
Was muss ich als Privatpatient wissen?
Im Gegensatz zu Kassenrezepten gibt es bei privaten Verordnungen keine Fristen für den Therapiebeginn. Neben der Anzahl der verordneten Behandlungen sind auf dem Rezept sowohl eine Diagnose als auch die Behandlungsart vermerkt (meist sensomotorisch – perzeptiv oder psychisch – funktionell). Die Verordnung verbleibt für die Dauer der Behandlung in der Patientenakte. Ich schließe mit Ihnen eine Honorarvereinbarung ab, die Sie zwecks Abklärung der Kostenübernahme durch Ihre private Krankenkasse oder Beihilfestelle gern einreichen können. Nach Rezeptabschluss wird Ihnen der vereinbarte Betrag dann privat in Rechnung gestellt. Dieser wird von Ihnen entsprechend dem angegebenen Zahlungsziel beglichen – unabhängig der Erstattungshöhe und des Erstattungszeitpunktes Ihrer PKV. Verordnung und Rechnung werden bei Ihrer Verischerung zur Erstattung eingereicht. Die jeweilige Erstattungshöhe für Heil- und Hilfmittel entnehmen Sie bitte Ihrem Versicherungsvertrag. Aufgrund der Vielfalt von Versicherungsbedingungen, Tarifen und Beihilfevorschriften bin ich leider nicht in der Lage, über die Erstattungshöhe bzw. -fähigkeit eine Aussage zu treffen. Informationen zur Preisgestaltung bei Privatversicherten finden Sie auch unter diesem Link: www.privatpreise.de.
Was kostet die Behandlung, wenn wir Selbstzahler sind?
Die Kosten für Selbstzahler orientieren sich mit einem Steigerungssatz von 1,3 an dem aktuellen Gebührenverzeichnis für Therapeuten (GebüTH, Stand 1.1.2022) und sind i.d.R. nicht erstattungsfähig.
Liegt eine private Krankenzusatzversicherung vor, die die Heilkunde mit einschließt, werden die Behandlungskosten ggf. ganz oder teilweise übernommen. Die Zuordnung erfolgt nach dem GebüH von 1985, u.a. über die Ziffern 19.2 bis 19.8. Hierzu gebe ich Ihnen gern weitere Informationen.
Warum ist die Praxis keine „klassische“ Ergotherapiepraxis?
Als unabhängige Ergotherapeutin und Heilpraktikerin bin ich nicht an die ärztliche Weisungspflicht gebunden. Wie Psychologen und Ärzte bin ich eigenständig tätig. Zudem unterliegt die Gründung einer Ergotherapiepraxis strengen räumlichen und materiellen Auflagen und Anforderungen und schließt eine Spezialisierung auf eine Fachrichtung (wie in meinem Fall die Pädiatrie) gänzlich aus. Da ich auch nicht an gesetzliche Krankenkassen angeschlossen bin, gelten für meine Arbeit keine Zeitvorgaben und Behandlungsreglements, sodass all mein Fachwissen zur Anwendung kommen kann. In meinen Räumlichkeiten, in denen es keine Parallelbehandlungen gibt, kann ich für ein hohes Maß an Vertrautheit und Privatspähre sorgen und i.d.R. eine unkomplizierte und schnelle Terminvergabe anbieten.
Kann ET mit ILT kombiniert werden?
In meinen Behandlungen verbinde ich all mein berufliches Erfahrungswissen und bediene mich Elemente unterschiedlichster Bereiche. In einer ergotherapeutischen Behandlung darf keine reine LRS-Terapie durchgeführt werden, da diese Teilleistungsschwäche im Heilmittelkatalog explizit ausgeschlossen ist. Zudem trenne ich ergo- und lerntherapeutische behandlungen, da nicht jedes Kind mit einem ergotherapeutischen Unterstützungsbedarf eine LRS hat und nicht jedes Kind mit einer LRS eine andere behandlungsbedürftige Teilleistungsschwäche hat. Eine ergo- UND lerntherapeutische Arbeit innerhalb von 45 Minuten würde nicht nur Ihr Kind, sondern auch mich überfordern…
Ich verbinde die Vermittlung und Vertiefung der fachspezifischen Lerninhalte und die Förderung einer angemessenen Reizverarbeitung miteinander. Die gleichzeitige Ansprache in den Nahsinnsystemen (Oberflächen- und Tiefensensibilität, Gleichgewicht) bei kognitiv ausgerichtetem Strategietraining / Training der Vorläuferfähigkeiten bewirkt bei den Kindern u.a. ein ganzheitliches Förderangebot. Dadurch wird die Integration und Verarbeitung der eintreffenden Reize (Sensorik) und Eindrücke und die Lernfähigkeit insgesamt verbessert.
Was ist mit „sensorische Integration“ eigentlich gemeint?
Als sensorische Integration wird die Aufnahme von Sinneseindrücken, deren Weiterleitung und Einordnung / Deutung im Gehirn zum sinnvollen Handlungsgebrauch verstanden, um den Anforderungen der alltagsrelevanten Bereiche durch angepasste Selbstorganisation gerecht zu werden. Es ist ein Prozess, der dem Menschen Auskunft über sich und seine Umwelt gibt. Bei einer mangelhaften Verarbeitung der Sinneseindrücke wird die Umwelt lückenhaft, verzerrt und ungenauer erlebt. Ein Beispiel: Werden taktile Reize fälschlicherweise als zu stark und bedrohlich wahrgenommen, kann es sein, dass das Kind bei kleinsten Berührungen „zurückschubst“ oder weint, weil es sich angegriffen fühlt. Dies wäre keine angemessene Reaktion auf den Reiz und kann nicht selten soziale Folgeprobleme nach sich ziehen. Unberechenbare Mitschüler oder solche, die wie aus heiterem Himmel handgreiflich werden, meiden viele Kinder lieber. Früher sprach man in diesem Fall von „Wahrnehmungsstörungen“, heute von „Dyfunktionen der sensorischen Integration“ – dieser Begriff ist nicht nur exakter, sondern auch neutraler. Schließlich ist dieser Vorgang die Grundlage von Bewegung, Sprache, Lernen und der Schlüssel zu sinnvollen Handlungen.
Woran erkenne ich eventuell Probleme bei der sensorischen Integration?
Wenn die Reizaufnahme, Weiterleitung oder Verarbeitung blockiert ist, zeigen sich z.B. …
… Bewegungsunlust, schnelle Ermüdbarkeit, häufiges Stolpern, Anstoßen oder wenig flüssige Bewegungen
… Über- oder Unterempfindlichkeiten bei Berührung, Bewegung oder Geräuschen
… Sprachverzögerungen, Hörprobleme oder Reizfilterschwächen
… impulsives und planloses Handeln und mangelnder Überblick
… erhöhter Bewegungsdrang, mangelnde Gefahreneinschätzung und Reflexionsfähigkeit
… eingeschränktes Situationsverständnis, sehr sensibel und schnell gekränkt
… häufig in Konflikte verwickelt, macht alles schnell-schnell, wenig Ausdauer……
Was ist die „Sensorische Integrationstherapie“?
Die sensorische Integration als Therapieform („Sensorische Integrationstherapie, SI-Therapie“) fördert, verbessert oder bahnt den adäquaten Prozess der Reizverarbeitung an. Die SI-Therapie gilt als eine der wichtigsten Therapieansätze der Ergotherapie. Sie wurde von der Psychologin und Ergotherapeutin Anna Jean Ayres vor über 40 Jahren entwickelt und wird kontinuierlich den neusten Erkenntnissen aus Neurowissenschaft und Lernforschung angepasst. Sie ist primär für Kinder mit Entwicklungsstörungen, Dysfunktionen der Reizverarbeitung (früher „Wahrnehmungsstörungen“), Verhaltenauffälligkeiten, Teilleistungsstörungen und Schulproblemen konzipiert. Auch hat sich ihre Vorgehensweise bei Kindern mit emotionalen Störungen und Problemen der Aufmerksamkeitssteuerung bewährt.